Veröffentlicht am 22. Januar 2023
Mit der Anerkennung des Genozids an den Jesidinnen und Jesiden verneigt sich der Deutsche Bundestag vor dessen Opfern und erkennt die Gräueltaten durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Shingal endlich offiziell als Versuch der totalen Auslöschung der jesidischen Gemeinschaft an. Tausende Menschen wurden 2014 in ihrer Heimatregion vergewaltigt, versklavt und ermordet – die Auswirkungen dieses Völkermordes dauern aber bis heute an. Denn weiterhin werden viele Jesidinnen und Jesiden vermisst und eine sichere Rückkehr in ihre Heimatregion ist für viele Menschen nicht möglich. Viele dieser Menschen, die unfassbares Leid ertragen mussten, haben in Deutschland Schutz gefunden. Als Berichterstatter für die Grünen hat Max Lucks den interfraktionellen Antrag zur Anerkennung mitverhandelt.
Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und unserer heutigen Rolle in der internationalen Gemeinschaft formuliert der Antrag eine besondere Verantwortung für die Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen wie diesem Völkermord. Die fortlaufende Bedrohung für Jesidinnen und Jesiden und die dramatischen Folgen des Genozids erfordern jetzt weitere politische Handlungen. Deshalb werden erstmals in einem Antrag des Bundestags auch konkrete politische Forderungen mit der Anerkennung eines Genozids verknüpft. Gemeinsam mit den anderen Fraktionen wollen wir die juristische Aufarbeitung der Verbrechen stärken, Projekte für jesidisches Leben in Deutschland noch intensiver fördern, mehr Sicherheit in Shingal schaffen und die humanitäre Lage vor Ort spürbar verbessern.
Für viele Menschen ist diese Anerkennung nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zu mehr Sicherheit für die jesidische Gemeinschaft, zu Frieden und Gerechtigkeit. Doch auch sie betonen die aktuelle und zukünftige Verantwortung Deutschlands zum Schutz und zur Sichtbarkeit jesidischen Lebens. Aus Sicht der grünen Bundestagsfraktion bietet der Antrag auch die Chance, unsere Einwanderungsgesellschaft neu zu denken, indem wir die von staatlichen Repressalien oder anderen Unrechtsregimen betroffenen Gemeinschaften stärker in die deutsche Außenpolitik einbinden.
Im Anschluss an die Anerkennung werden wir als grüne Bundestagsfraktion am Donnerstag einen parlamentarischen Empfang ausrichten, um mit zahlreichen Akteurinnen und Akteuren der jesidischen Gemeinschaft ins Gespräch zu kommen. Neben der Außenministerin Annalena Baerbock und Luise Amtsberg, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik, werden die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, Max Lucks, Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und Agnieszka Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, teilnehmen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir an dieser Stelle einen kurzen Nachbericht veröffentlichen.
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