Veröffentlicht am 01. Oktober 2024
In einem offenen Brief an die Regierung von Honduras fordern wir, die Abgeordneten Kathrin Henneberger, Susanne Menge und ich, Max Lucks, den honduranischen Staat fordern auf, alles zu tun, damit die materiellen Täter und die Auftraggeber für diesen und andere Morde an Menschenrechtsverteidigern, die bisher straflos blieben, zur Verantwortung gezogen werden und sich derartige Verbrechen nicht wiederholen. Der Tod des Menschenrechtsverteidigers Juán Antonio López am 14. September 2024 ist nur ein Beispiel vieler unaufgeklärter Morde und Verbrechen an die Menschlichkeit.
Offener Brief
Sehr geehrte Herr Generalstaatsanwalt, Herr Außenminister, Herr Botschafter, Frau Menschenrechtsbeauftragte,
wir sind erschüttert über den Mord an dem Menschenrechtsverteidiger, Umweltschützer, Stadtrat der Kreisstadt Tocoa (Colón) und katholischen Katecheten Juán Antonio López am 14. September 2024. Der Ermordete war Mitglied des Comité Municipal en Defensa de los Bienes Comunes y Públicos de Tocoa (CMDBCPT). Mehrere seiner Kolleg:innen des CMBCPT hatten uns Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei ihren Besuchen in Berlin mehrfach von den Drohungen und Verfolgungen berichtet, denen sie im Kontext ihrer Verteidigung des Parque Nacional Montaña Botaderos Carlos Escaleras Mejía und der Flüsse Guapinol und San Pedro ausgesetzt sind. Sie wehren sich seit Jahren gegen mehrere extraktivistische Projekte der Emco Holdings/Los Pinares/Ecotek: Eisenerztagebaue in einem Wassereinzugsgebiet sowie eine Pelletierfabrik nahe dem Fluss Guapinol, die mittlerweile in das Projekt eines Kokskraftwerks umgewandelt wurde. Die Menschenrechtsverteidiger:innen des CMDBCPT berichteten uns, dass ihre Anzeigen von den staatlichen Autoritäten nicht weiterverfolgt wurden, stattdessen wurden sie sellbst kriminalisiert und nachweislich ungerechtfertigter Haft ausgesetzt. Allein 2023 wurden zudem drei Menschenrechtsverteidiger und Bewohner des Ortes Guapinol ermordet, eine beträchtliche Anzahl der Bewohner:innen der Gegend musste auf Grund der massiven und konstanten Bedrohungen ihr Zuhause verlassen und lebt inzwischen im Exil.
Wir haben Kenntnis davon erhalten, dass der Bürgermeister von Tocoa und Befürworter der oben genannten Projekte des Unternehmerehepaars Lenir Pérez und Ana Facussé, Adán Fúnez befürwortete und versuchte, sie auch gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung voranzutreiben. Juan Lopez und weitere Mitglieder des CMDBCPT prangerten an, dass dabei auch Mittel wie die Fälschung von Dokumenten und die Missachtung gesetzlicher Vorschriften eingesetzt wurden. Wenige Tage vor seiner Ermordung hatte Juan López zudem gemeinsam mit lokalen Parteikolleg:innen der Regierungspartei LIBRE öffentlich den Rücktritt von Bürgermeister Fúnez (ebenfalls LIBRE) gefordert. Fánez war in einem kürzlich veröffentlichten Video aus dem Jahr 2013 aufgetaucht, das ihn im Gespräch mit einflussreichen Drogenhändlern zeigte. Das CMDBCPT und insbesonders Juan López hatten immer wieder auf Verstrickungen zwischen Politik, Wirtschaft und organisiertem Verbrechen in ihrer Region, dem Aguán-Tal hingewiesen.
Wir bedauern dieses Verbrechen an Juan López zutiefst und sprechen seiner Familie und seinen Mitstreiter:innen in Zivilgesellschaft und Kirche unsere Solidarität aus.
Den honduranischen Staat fordern wir auf, alles zu tun, damit die materiellen Täter und die Auftraggeber für diesen und andere Morde an Menschenrechtsverteidigern, die bisher straflos blieben, zur Verantwortung gezogen werden und sich derartige Verbrechen nicht wiederholen.
An die honduranische Regierung
1. Für Juán López und 29 weitere Mitglieder des CMDBCPT sowie des Umweltkomitees von Guapinol und deren Anwält:innen hatte die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte bereits im Oktober 2023 Medidas Cautelares (MC-137-23) verlangt. Wir fordern den honduranischen Staat auf, diese Schutzmaßnahmen in Absprache mit den Betroffenen umgehend und vollständig umzusetzen. Es ist die Pflicht des honduranischen Staates das Leben und die Unversehrtheit dieser und weiterer gefährdeter Menschenrechtsverteidiger:innen zu schützen. In diesem Zusammenhang möchten wir auch unsere Besorgnis über die Nachricht ausdrücken, dass der Pfarrer der Kirche San Isidro Labrador aus Tocoa Carlos Orellana SJ offenbar im Zusammenhang mit seinem Einsatz für Gerechtigkeit im Fall Juán öffentlich verunglimpft und bedroht wird. Wir fordern die staatlichen Autoritäten auf, diesen Angriffen Einhalt zu gebieten. Wir bitten Sie ebenfalls um besonderen, integralen Schutz für die Familienangehörigen von Juán López und die Augenzeug:innen des Verbrechens.
2. Wir begrüßen die Absicht der honduranischen Behörden, alle geschützten Gebiete de Landes von Bergbau-Aktivitäten frei zu halten und fordern sie auf, das entsprechende Gesetzesdekret 18-2024 unverzüglich in die Praxis umzusetzen.
An den Generalstaatsanwalt der Republik Honduras
3 . Wir begrüßen Ihre Absicht, eine unparteiische, unabhängige und gründliche Untersuchung durchführen zu lassen. Wir bitten Sie höflich, die Forderung des CMDBCPT und anderer Organisationen zu berücksichtigen, die Beteiligung der Fiscalia de Tocoa, der Unidad de Muertes Violentas en el Bajo Aguan und anderer lokaler Sicherheitsbeamter (z.B. DPI), die angeblich in kriminelle Machtstrukturen verwickelt sind, an den Ermittlungen zum Mord an Juan López und angesichts ihrer Rolle bei der Verfolgung und Kriminalisierung der Verteidiger des CMDBCPT nicht zuzulassen. Wir bitten Sie auch, die Forderung von ERIC SJ zu unterstützen, „dass die Untersuchung zur Feststellung der Wahrheit der Tatsachen mit der wirksamen Begleitung einer internationalen Kommission durchgeführt wird, die Unparteilichkeit, Sorgfalt und Unabhängigkeit garantiert, um die materielle und intellektuelle Verantwortung im Mord an Juan Antonio López zu ermitteln“.
4. Wir begrüßen Ihre Entscheidung, nach der Aufhebung der endgültigen Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung des verstorbenen Juan López und der Verteidiger Carlos Leonel George George, Reynaldo Domínguez Ramos, José Adalí Cedillo Mendoza und Marco Tulio Ramos eine unparteiische und objektive Untersuchung gegen das Berufungsgericht von La Ceiba und den mit dem Fall betrauten Staatsanwalt durchzuführen. Wir werden die Ergebnisse der von Ihnen angekündigten Untersuchung sowie die Bearbeitung der von Juan López und seinen Kollegen eingereichten Anzeigen im Zusammenhang mit den genannten extraktivistischen Projekten, den Drohungen und Verfolgungen sowie mutmaßlichem Amtsmissbrauch von Amtsträgern aufmerksam verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen,
Max Lucks MP
Kathrin Henneberger MP
Susanne Menge MP
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